Regenerativ-ökologische Landwirtschaft

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Wie wir unsere Ernährung sicherstellen

Regenerativ-ökologische Landwirtschaft als Lebensgrundlage

Wie können wir unsere Kinder und Enkelkinder ernähren und weltweit die Lebensmittelversorgung sicherstellen? In diesem Blog-Beitrag analysieren wir den Ansatz der regenerativ-ökologischen Landwirtschaft. Und wir stellen euch vor, welche Antworten er für den Erhalt unserer Ernährungsgrundlagen bereithält.

Eine rechte Hand schwebt über lockerer brauner Erde und hat etwas Erde in der Handfläche

Wo wir herkommen: Der Ursprung der Landwirtschaft ist natur-positiv

Wir Menschen betreiben seit ca. 12.000 Jahren Landwirtschaft – und lange Zeit waren ganzheitliche Anbaumethoden die Norm. Doch im letzten Jahrhundert hat der Aufstieg der chemiebasierten Landwirtschaft die Art und Weise, wie wir unsere Lebensmittel produzieren, dramatisch verändert.

Die heutigen konventionellen landwirtschaftlichen Betriebe sind zunehmend in der Hand von großen Konzernen. Sie überschwemmen die Böden weltweit mit Kunstdünger, Pestiziden und Herbiziden. Aus kapitalistischer Sicht äußerst wirtschaftlich:  Arbeitsaufwand und die Kosten verringern sich; gleichzeitig werden hohe Ernteerträge erzielt.

All das hat seinen Preis:

  • Die Bodengesundheit verschlechtert sich Tag um Tag.
  • Organische Substanzen gehen verloren, die Erosion nimmt zu.
  • Unser Wasser ist verschmutzt.
  • Wir haben giftige Rückstände in unseren Lebensmitteln. 
  • Unsere biologische Vielfalt geht zurück.

Es steht viel auf dem Spiel, wenn wir so weitermachen

Wie lange ernährt uns der Boden noch? Noch 60 Erntejahre, dann könnte der gesamte Mutterboden der Welt verschwunden sein. Das stellte bereits im Jahr 2016 Maria Helena Semedo, stellvertretende Generaldirektorin der Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO), bei der Veranstaltung zum Weltbodentag fest (World Soil Day).

Seitdem verschlechtern sich die Böden weltweit in rasanter Geschwindigkeit. Nahezu überall können wir beobachten, dass fruchtbarer Ober- und Mutterboden verloren geht. Hielte dieser Trend weiter an, so werde der größte Teil der Menschheit 2076 nichts mehr zu essen haben.

Kurzum: Wenn wir so weitermachen, versiegen unsere Böden. Und wir zerstören unseren Kindern und Enkelkindern und nachfolgenden Generationen die Nahrungsgrundlagen.

Es ist an der Zeit, dass wir handeln

Unser bisheriges System der Landwirtschaft können wir als gescheitert ansehen. Die Landwirtschaft ist einerseits Teil des Problems. Sie verstärkt den Klimawandel. Andererseits bietet sie aber auch Lösungen. Zum Beispiel, wenn Lebensmittelsysteme mittels regenerativ-ökologischer Landwirtschaft umgestaltet werden.

Überall da, wo Leben ist, findet auch Regeneration (spätlatein. „regeneratio“ = Wiedergeburt) statt. Im Wachstum unserer Körperzellen genauso wie bei abgestorbener organischer Masse, die sich zu fruchtbarem Humus umwandelt.

Die regenerativ-ökologische, natur-positive Landwirtschaft macht sich dieses Prinzip zu eigen. Sie will den Verlust von Natur und biologischer Vielfalt stoppen und umkehren.

Exkurs: Begriffsabgrenzungen regenerative, ökologische und regenerativ-ökologische Landwirtschaft

Wir möchten hier erläutern, welche Begrifflichkeiten zugrunde liegen und wie sie sich voneinander abgrenzen.

In der Landwirtschaft und Nahrungsmittelerzeugung transportiert “regenerativ” ein geradezu revolutionäres Versprechen: Wir können für bald 10 Milliarden Menschen genug Nahrung produzieren.
Der regenerativen Landwirtschaft liegt ein tiefergehendes systemisches Verständnis von der uns umgebenden lebendigen Welt und ihren Wechselbeziehungen zugrunde. Und wir können gleichzeitig lebenswichtige Ressourcen schützen, fördern und wieder aufbauen. Denn regenerative Landwirtschaft erhöht die Biodiversität, fördert das Bodenleben und macht Böden fruchtbarer und widerstandsfähiger. Sie unterstützt die Wasserhaltekapazität, sodass Wasser im Boden nicht so schnell versickert. Außerdem kann sie dank einer größeren Nährstoffverfügbarkeit im Boden nicht nur qualitativ hochwertige Lebensmittel erzeugen, sondern genug Lebensmittel für alle, was Kämpfe um Ressourcen verhindern würde.

Bis dato wird unter den Begriff der regenerativen Landwirtschaft eher eine Bewegung und eine Sammlung von Anbaumethoden und Landnutzungsformen gefasst, die den Aufbau von Böden, die Stabilisierung von Wasserkreisläufen und die Förderung von Bodenleben und Artenvielfalt im Allgemeinen ins Zentrum setzen. Mitunter wird die regenerative Landwirtschaft gleichgesetzt mit dem Begriff Carbon farming das darauf abzielt mittels Humusaufbau und speziellen Anbaumethoden Kohlenstoff langfristig im Boden zu binden und damit der Atmosphäre zu entziehen. Aufgrund dieses klimaregulierenden Potenzials der regenerativen Landwirtschaft zirkulieren auch Begriffe wie Climate farming, Agrarökologie und Biosequestrierung.

Die Vorteile der Kohlenstoffbindung im Boden sind vielfältig: Verbessert werden die Fruchtbarkeit und der Nährstoffgehalt des Bodens, was wiederum ertragreichere Ernten – und damit letztlich eine stabilere Ernährungssicherung – ermöglicht. Durch höheren Kohlenstoffgehalt werden Böden auch resistenter gegenüber Insekten- oder Pilzbefall. Vor allem aber gilt die Kohlenstoffspeicherung im Boden als vielversprechende Lösungsansatz, um die Klimaerhitzung zu stoppen. Hochrechnungen zufolge könnten 100 Prozent der menschengemachten CO2-Emissionen durch nur 2 Prozent mehr Kohlenstoff im Boden ausgeglichen werden. Mit positiven Effekten auf Ökosysteme weltweit: Die Weltmeere würden dadurch deutlich weniger CO2 aufnehmen (müssen) und nicht weiter übersäuern.

In der ökologischen Landwirtschaft achten Bio-Landwirt:innen auf individuelle, standortspezifische Bodennutzung und Viehhaltung. Durch ihre nachhaltigen Anbaumethoden stärken sie das Agrarökosystem, denn sie verzichten auf chemisch-synthetische Pestizide und beugen Schädlingen vor, indem sie robuste, weniger anfällige Sorten anbauen, Nützlinge einsetzen, vielfältigere Fruchtfolgen pflanzen oder Unkraut mechanisch entfernen. Leicht lösliche chemisch-synthetische Düngemittel sind nicht erlaubt. Die Düngung erfolgt mit Kompost oder Mist, um das Wachstum der Pflanzen zu fördern. Um zusätzlich die Bodenfruchtbarkeit zu verbessern, werden im Öko-Ackerbau beispielsweise Leguminosen (Hülsenfrüchte wie Erbsen, Linsen, Bohnen) verwendet, die Stickstoff aus der Atmosphäre binden und dem Boden zuführen.

Typisch für die Bio-Landwirtschaft ist der Kreislaufgedanke, denn Ackerbau und Viehhaltung sind aufeinander abgestimmt. So ist die Anzahl der Tiere sowohl an die zur Verfügung stehende Fläche gebunden und als auch daran, dass die Bio-Landwirt:innen die Tiere mit Futter vom eigenen Hof oder aus der Region versorgen können. Im Vordergrund steht auch das Tierwohl, denn Tiere erhalten genügend Auslauf und werden arttypisch gehalten und sind dadurch weniger krank. Die ökologische Landwirtschaft stellt nachhaltig gesunde Lebensmittel her und fördert durch naturnahe Landschaften gleichzeitig die Biodiversität, da beispielsweise mehr Arten von Ackerwildkräutern, Insekten oder Vögeln heimisch sind.

Diese beiden Ansätze verbinden sich in der regenerativ-ökologischen Landwirtschaft. Der Begriff geht auf Robert Rodale zurück, der in den 1970ern den Begriff “regenerative Bio” prägte. Er beschrieb damit einen ganzheitlichen Ansatz für die Landwirtschaft. Wenn wir seinen Überlegungen folgen, ist nicht nur das Verständnis von dem Zusammenwirken aller lebendigen Prozesse und Kreisläufe zentral.
Genauso wichtig sind kontinuierliche Innovationen und Verbesserungen von Umwelt-, Sozial- und Wirtschaftsmaßnahmen. Damit ist regenerativ-ökologische Landwirtschaft mehr als nachhaltig, denn sie verbindet ökologische Landwirtschaft mit einer ganzheitlichen Betrachtung der Kreisläufe, angefangen von den Nährstoffkreisläufen im Boden, über die Transportwege bis hin zu nachhaltigen Wirtschaftskreisläufen.

Wir bei FoodTogether unterstützen deshalb regenerativ-ökologische Landwirtschaft. Sie stellt Ökosysteme wieder her und leistet einen großen Beitrag für unsere Ernährung und damit für unsere gesamte Gesellschaft.

Hand von einem Landwirt, dessen Schuhe und Beine zu sehen sind. Er holt mit einer Schaufel und der anderen Hand einen Bund Möhren aus dem Boden

Wie funktioniert regenerativ-ökologische Landwirtschaft?

Die Anbauweisen und Praktiken sind so vielfältig wie die Betriebe, die bereits mit ihnen arbeiten. Vom Demeter-Hof bis hin zu konventionell geführten Betrieben, die diese in ihr Landnutzungskonzept integrieren. Von der ständigen Begrünung des Bodens bis hin zu Tieren, die temporär auf der Ackerfläche grasen.

Was alle Praktiken miteinander verbindet:

  • maximaler Bodenschutz durch minimale Bodeneingriffe, um das Bodenleben (etwa Pilzwachstum) möglichst nicht zu stören
  • ganzjährige Bodenbedeckung mit lebenden Pflanzen (etwa durch den Anbau von Mischkulturen oder Zwischenfrüchten)
  • ganzjährige Durchwurzelung des Bodens
  • eine möglichst hohe Pflanzenvielfalt (u.a. Pflanzen, die Insekten anlocken)
  • Anwendung von Kompost
  • charakteristisch ist auch die Integration von Tieren

Eine wachsende Anzahl von Menschen und Initiativen setzt sich für alternative Wege abseits der ausbeuterischen Zerstörung unserer Lebensgrundlagen ein. So auch unsere Bio-Landwirt:innen.

Unser Bio-Landwirt:innen: Regenerativer Öko-Landbau in der Praxis

Gemeinsam mit unseren Bio-Landwirt:innen entwickeln wir bei FoodTogether Ideen, wie entnommene Ressourcen zurückgegeben werden können und natürliche Kreisläufe stabil bleiben. Wir stellen euch hier zwei unserer Landwirte vor.

Regnerativ-ökologisch mit Janusz

Mit Janusz arbeiten wir seit 2022 zusammen. Sein Hof Stolze Kuh liegt im Landkreis Barnim in Brandenburg nahe der polnischen Grenze.

Auf seinen Pachtflächen wachsen seine Pflanzen in Mischkulturen. Gleichzeitig baut er viele Sorten Getreide an und sät ergänzend zu seiner Hauptkultur sogenannte Untersaaten. Mit der Untersaat wird eine zweite Frucht gesät, die im Anschluss an die Hauptfrucht erntereif ist.

Die Untersaaten nehmen im Öko-Landbau eine Sonderstellung ein: Sie sind unkrautregulierend und dienen nach der Getreideernte als Futter.  Die Abnehmerinnen sind Kühe. Die “Mütter des Humus” versorgen mit ihrem Dung den Boden mit wichtigen Nährstoffen und lockern die Erde mit ihrem Huftritt.

Biozyklisch-vegan mit Apostolis auf Kreta (Chania)

Auf Kreta nahe der Hafenstadt Chania liegt der Hof von unserem Bio-Landwirt und Freund Apostolis.

Apostolios setzt auf eine biozyklisch-veganen Wirtschaftsweise und verwendet statt tierischem Dung reine pflanzliche Biomasse, um die Böden mit Nährstoffen anzureichern. Seine vielfältigen Pflanzenkulturen sind an den Standort angepasst. Sie nehmen den Kohlenstoff aus der Atmosphäre auf und pumpen ihn in den Boden. Zusätzlich arbeitet Apostolis Kompost in die Erde ein, sodass neue Kohlenstoffketten entstehen. Aus den Pflanzenresten und dem im Boden gebundenen Kohlenstoff entsteht wiederum neuer Humus, der die neuen Pflanzen mit Nährstoffen versorgt.

Was beide eint: Mehr gesunde Erde für morgen

Beide Landwirte bauen vornehmlich  alte Sorten in veränderten Fruchtfolgen an. Durch ihre nachhaltigen Anbaumethoden nimmt die Biodiversität und die Bodenqualität zu.
Unsere Landwirt:innen schaffen stabile Ökosysteme, die sich durch hohe Vielfalt kennzeichnen und in denen Pflanzen und Tieren symbiotisch miteinander interagieren.

Ob mit Tierbestand oder vegan: Wie ihr hier erkennen könnt, gibt es nicht ein regenerativ-ökologisches Prinzip. Vielmehr existieren eine Vielzahl von Methoden. Sie zeichnen sich vor allem dadurch aus, dass sie mehr Humus aufbauen, als sie verbrauchen und sorgen so dafür, dass wir bald wieder mehr gesunde Erde haben.

In der regenerativ-ökologischen Landwirtschaft liegt unsere Zukunft

Statt Kohlenstoff aus den Böden frei zu lassen, müssen wir ihn wieder hineinbringen. Die regenerativ-ökologische Landwirtschaft – als neue Art der Landwirtschaft – kann darauf eine Antwort geben. Sie ist in der Lage, zerstörte Böden zu regenerieren, Wasserkreisläufe instand zu setzen sowie große Mengen an Kohlenstoff (CO2) im Boden zu binden. Mittels des gebundenen Kohlenstoff bildet sich leichter Humus, der die Böden mit Nährstoffen anreichert. So können wir im Einklang mit der Natur ertragreichere Ernten erzielen.

Es wirkt auf den ersten Blick nicht fortschrittlich, sich auf altbewährte Methoden zu besinnen. Aber es ist an der Zeit, dass wir unser bisheriges Handeln ändern. Unsere Landwirt:innen stoßen diese Veränderung bereits an. Sie zeigen uns einen Weg auf, der uns zu einem zukunftsfähigen Ernährungs- und Landwirtschaftssystem führen kann.

Regnerativ-ökologische Landwirtschaft macht die Veränderung möglich, die wir so dringend benötigen. Sie kann einen wesentlichen Beitrag um Klima- und Artenschutz leisten. Zum Wohle aller auf diesem Planeten.

Willst du noch mehr wissen?

Logo Stolze Kuh, grüne Kuh mit Hörnern auf weißem Hintergrund

Regnerativ-ökologisch: Janusz Hradetzky, Demeter Verband

Orangen hängend an einem Orangenbaum auf dem Hof von Apostolis Manousakis in Chania auf Kreta

Biozyklisch-vegan: Apostolis Manousakis

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